PKW3061 770 "Großer Mercedes" (W 07), 1930 - 1938

770 "Großer Mercedes" (W 07), 1930 - 1938

Im September 1930 wurde in Stuttgart-Untertürkheim nach zweijähriger Entwicklungsarbeit der erste "Große Mercedes" fertiggestellt. Als im Oktober auf dem Pariser Salon die Premiere erfolgte wurde allgemein sichtbar, dass Daimler-Benz sich auch im Spitzensegment des internationalen Automobilbaus zurückmeldete. Angeboten wurde der Mercedes-Benz Typ "Großer Mercedes" oder der "Super Mercedes Straight Eight", wie er englisch genannt wurde, zunächst mit und ohne Kompressor. 150 PS leistete der 7,7 l große Achtzylinder-Reihenmotor ohne Kompressor, 200 PS waren es, wenn in der Vollgasstellung der Roots-Kompressor zugeschaltet wurde. Trotz der freien Wahlmöglichkeit orderten von insgesamt 117 Kunden nur 13 Besteller einen "Großen Mercedes" ohne Kompressor. Die Preisersparnis betrug RM 3.000,- bei einem Gesamtpreis für eine Pullman-Limousine von RM 41.000,-. Wie die Modelle der "S"-Reihe war auch der "Große Mercedes" mit Doppelzündung ausgerüstet. Von den zwei Zündkerzen pro Zylinder wurde je eine über Hochspannungs-Magnetzündung und eine über Batteriezündung versorgt.

Als Getriebe kam ein Dreigang-Getriebe mit zuschaltbarem Schnellgang zum Einbau, so dass insgesamt sechs Fahrstufen zur Auswahl standen. Der "Große Mercedes" hatte vorne eine Starrachse aus Doppel-T-Profil und hinten eine Starrachse in Banjoform. Beide waren mit Halbelliptikfedern an dem aus U-Profilen bestehenden Leiterrahmen befestigt. Hierin unterschied er sich nicht von seinem größten deutschen Wettbewerber, dem Maybach Zeppelin. Das Mercedes-Benz Topmodell wurde mit Holzspeichenrädern (auch Artillerieräder genannt) oder Drahtspeichenrädern geliefert, die mit Rudge-Verschlüssen montiert waren.

Trotz seiner technisch konservativen Auslegung fand der "Große Mercedes" schnell Anerkennung und Akzeptanz in vielen Ländern. Alleine an das japanische Kaiserhaus wurden zwischen 1932 und 1935 sechs Exemplare vom Typ "Großer Mercedes" geliefert. Auch in den Kreisen der Industrie und Hochfinanz erfreute sich das neue Spitzenprodukt unter dem Stern steigender Beliebtheit. Die Fahrzeuge wurden in der Einzelanfertigung einer Automobilmanufaktur auf die Kundenwünsche individuell zugeschnitten. Mit Sindelfinger Karosserie war zunächst nur die Pullman-Limousine im Angebot, für Fremdaufbauten stand jedoch auch das unkarossierte Fahrgestell zur Verfügung. Die Cabriolets B, C, D und F sowie ein 7-sitziger offener Tourenwagen ergänzten die Karosserieauswahl im September 1932, wurden aber laut Preisliste nur in der Variante mit Kompressor angeboten. Ab Februar 1936 waren auch die Pullman-Limousine und das Fahrgestell nur noch mit Kompressor erhältlich.

Im Laufe der Produktionszeit wandelte sich das Karosseriedesign von den recht kastenförmigen Aufbauten mit senkrechten Windschutzscheiben zu gefälligeren Karosserien mit fließenderen Linien und schräg stehenden Frontscheiben. Optisches Markenzeichen war der keilförmige Spitzkühler, der dem Fahrzeug und seinem Besitzer zu einem beeindruckenden Auftritt verhalf. Der hohe Fahrkomfort und Qualitätsstandard dieses Spitzenautomobils hat wesentlich zu der weltweiten Akzeptanz der Marke Mercedes-Benz beigetragen.

Eine Besonderheit stellte der "Große Mercedes" auch insofern dar, als er zu den ersten Fahrzeugen gehörte, die ab Werk in gepanzerter Ausführung angeboten wurden. Mindestens eines der an den japanischen Kaiser Hirohito gelieferten Exemplare war gepanzert und kann seit seiner Rückführung im Jahre 1971 im Mercedes-Benz Museum bewundert werden - neben einem Cabriolet F desselben Typs, das von Kaiser Wilhelm II. bis zu seinem Tode benutzt wurde. Seitenscheibe, Heckscheibe und Trennscheibe des "Hirohito-Wagens" bestehen aus bis zu vierschichtigem Glas mit einer Dicke von bis zu 22 mm. Dach und Türen sind mit Stahlplatten gepanzert. Vor diesem im Januar 1935 ausgelieferten Exemplar war bereits im August 1932 ein "Großer Mercedes" in Sonderschutz-Ausführung entstanden. Danach wurden noch etwa drei weitere Fahrzeuge in gepanzerter Version aufgebaut.

Der "Große Mercedes", der die interne Konstruktionsnummer W 07 erhalten hatte, wurde in Untertürkheim hergestellt. Die Karosserien kamen, falls nicht Sonderkarosserien fremder Hersteller bestellt waren, aus Sindelfingen - mit einer Ausnahme, die das Werk Mannheim im März 1936 beisteuerte. Insgesamt wurden 117 Exemplare produziert, davon allein 42 im Jahr 1931. In der Folgezeit entstanden dann jährlich zwischen 4 und 13 Einheiten. Häufigste Karosserievariante war die Pullman-Limousine mit 42 Stück, gefolgt vom offenen Tourenwagen mit 26 Exemplaren. 19 "Große Mercedes" wurden als Fahrgestell ausgeliefert, 18 als Cabriolet D. Die übrigen Fahrzeuge verteilen sich auf die Cabriolet-Varianten F, C und B.

Das letzte Exemplar des W 07 wurde im Oktober 1938 fertiggestellt. Parallel dazu begann die Serienproduktion des im Februar 1938 präsentierten Nachfolgemodells, das die gleiche magische Typenbezeichnung trug und werksintern W 150 genannt wurde. In den offiziellen Verlautbarungen jener Jahre wurde der W 07 stets als Mercedes-Benz Typ "Großer Mercedes" oder Typ 770 "Großer Mercedes" bezeichnet. Die Bezeichnung 770 K, wie sie heute gelegentlich in der Literatur zu finden ist, wurde weder für den W 07 noch für den Nachfolger W 150 jemals verwendet.

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