PKW3021 8/38 PS und Stuttgart 200 / 260 (W 02, W 11), 1926 - 1936

8/38 PS und Stuttgart 200 / 260 (W 02, W 11), 1926 - 1936

Nachdem sich die ehemaligen Konkurrenten Benz & Cie. und Daimler-Motoren-Gesellschaft im Mai 1924 zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen hatten, bestand eine der Hauptaufgaben des neuen Managements darin, die Produktpalette zu vereinheitlichen und zu modernisieren. Im Rahmen der Bemühungen, ein attraktives, modernes und konkurrenzfähiges Pkw-Verkaufsprogramm zu schaffen, kam der Entwicklung eines neuen 2-l-Modells besondere Bedeutung zu. In den wirtschaftlich nicht so rosigen Zeiten der 20er Jahre war ein preiswerter und ansprechender Wagen eine wesentliche Voraussetzung, um Marktanteile in dem wegen seiner Absatzchancen interessanten Segment der Mittelklasse erobern zu können.

Bei der DMG befand sich im Frühjahr 1924 neben den zwei Oberklasse-Typen mit Sechszylinder-Kompressormotor noch ein drittes Modell in Entwicklung, das nach ähnlichen Prinzipien konstruiert, aber noch nicht so weit gediehen war wie die großvolumigen Typen mit 4,0 und 6,3 l Hubraum. Ebenfalls mit Kompressor-Sechszylinder konzipiert, sollte es aus 2 l Hubraum etwa 40 PS, mit zugeschaltetem Lader sogar 60 PS mobilisieren. Schon bei den ersten Vorstandssitzungen der Interessengemeinschaft im Mai sorgte der 2-l-Wagen für angeregte Diskussionen. Die DMG hatte ihr kleines Kompressormodell für die Produktion in Mannheim vorgesehen, Baurat Friedrich Nallinger von Benz & Cie. bezweifelte jedoch, dass der technisch aufwendige und teure Kompressorwagen die Beschäftigung des Benz-Stammwerks sichern könne. Abgesehen davon, hatte man bei Benz bereits ein 2-l-Modell mit Schwingachsen, aber konventionellem Motor konzipiert und im Entwurf fertiggestellt. Nallinger schlug vor, den für Mannheim vorgesehenen neuen Wagen mit 2-l- und 2,6-l-Motor anzubieten.

Im November 1924 eskalierte die Situation. Die Mannheimer gaben zu bedenken, die Untertürkheimer Konstruktion sei nicht auf die vorhandenen Fertigungseinrichtungen abgestimmt und bringe erhebliche Komplikationen und Verteuerungen in der Fabrikation mit sich. Ein Verkaufspreis von RM 15.000,- für den 2-l-Wagen sei nicht zu erzielen, zumindest nicht bei einem Produktionsvolumen von etwa 500 Wagen monatlich. Während Benz also großen Absatz durch niedrige Preise anstrebte, plante die DMG ein technisch anspruchsvolles Modell zu einem entsprechend hohen Preis. Ein Kompromiß zwischen diesen diametral entgegengesetzten Standpunkten zeichnete sich erst im Januar 1925 ab. Benz beschloß, nicht den 2-l-Wagen, sondern ein 2,6-l-Modell zu bauen, und zwar mit seitlich gesteuerten Ventilen. Die Entwicklung des Zweiliters mit obengesteuerten Ventilen sollte von der DMG dennoch abgeschlossen werden, um die Produktion zu einem späteren Zeitpunkt aufnehmen zu können. Aus dem 2,6-l-Modell wurde durch Vorstandsbeschluß vom Januar 1926 ein Dreiliterwagen, der Ende Oktober als Mercedes-Benz 12/55 PS präsentiert wurde.

Das 2-l-Projekt hatte man tatsächlich im Juli/August 1925 wieder aufgegriffen, jedoch unter anderen Vorzeichen als ursprünglich gedacht: In den nächsten Monaten kristallisierte es sich heraus, dass das von Benz schon immer favorisierte Konzept eines preiswerten Wagens die richtige Alternative darstellte, und die Konstruktionsarbeiten wurden mit Hochdruck in Angriff genommen. Lag der angestrebte Verkaufspreis für den offenen Tourenwagen im September 1925 noch bei RM 10.000,- , so hatte sich das Kostenziel bis Januar 1926 auf RM 6.500,- reduziert - weniger als die Hälfte des Betrages, den man für die ursprüngliche Konstruktion mit Kompressormotor angesetzt hatte. Im August 1925 war noch unklar, ob der 2-l-Wagen mit Vierzylinder- oder Sechszylindermotor gebaut werden sollte, wobei der Vierzylinder offenbar zunächst favorisiert wurde. Drei Monate später fiel die Entscheidung, alternativ zu dem Vierzylinder noch ein Sechszylinderaggregat zu konstruieren und einen Versuchswagen mit diesem Motor zu bauen. Ende Februar ging man davon aus, mit dem ersten Wagen, damals noch 8/35 PS genannt, im Juli 1926 in die Erprobung zu gehen. Die Gründe, die letztlich zur Wahl des Sechszylinders führten, sind im Detail leider nicht dokumentiert.

Der neue Zweiliterwagen war ebensowenig ein technisches Highlight wie der in Mannheim hergestellte Dreiliterwagen. Fahrwerke mit vorderen und hinteren Starrachsen sowie seitengesteuerte Sechszylinder-Motoren entsprachen dem technischen Standard jener Jahre. Obwohl besondere technische Raffinessen fehlten, galten beide Modelle als robuste Automobile mit hohem Qualitätsniveau zu angemessenen Preisen.

Die beiden Neutypen wurden im Oktober 1926 auf der Berliner Automobil-Ausstellung im Rahmen des ersten Messeauftritts der inzwischen fusionierten Daimler-Benz AG vorgestellt. Sie waren die ersten Pkw-Modelle, die von der Interessengemeinschaft entwickelt wurden und unter dem neuen Markennamen Mercedes-Benz auf den Markt kamen.

Die ersten beiden in Serie produzierten Fahrgestelle des 2-l-Typs wurden im Oktober und November 1926 in Untertürkheim fertiggestellt. Im Dezember waren es bereits 24 Einheiten, und im März 1927, rechtzeitig zum Auslieferungsbeginn, erreichte die Monatsproduktion einen Wert von 270 Stück. Trotz gewisser Anlaufschwierigkeiten war der Zweiliter-Wagen auf Anhieb erfolgreich: Im Jahr 1927 wurden allein von diesem Modell mehr als doppelt soviele Fahrzeuge gebaut wie 1926 von allen Mercedes, Benz und Mercedes-Benz Pkw zusammen.

Der Zweiliter-Sechszylindermotor M 02 wies für die Zukunft ein ungeheures Entwicklungspotential auf. Aus ihm wurden über den Zeitraum von 12 Jahren in mehreren Stufen hubraumstärkere Triebwerke für nachfolgende Pkw-Generationen abgeleitet: der M 11 von 1928 mit 2,6 l, der M 18 von 1933 mit 2,9 l und schließlich der M 142 von 1937 mit 3,2 l und später 3,4 l.

Die Entwicklung der Typenbezeichnungen und internen Konstruktionsnummern kennzeichnet die Umbruchsituation in jenen Jahren, die heute noch oft zu Mißverständnissen führt. Den üblichen Gepflogenheiten entsprechend, wurde der Zweiliter-Wagen bei seinem Erscheinen als Typ 8/38 PS bezeichnet. Dabei stand die erste Zahl für die hubraumbezogenen Steuer-PS und die zweite für die tatsächliche Motorleistung. Als werksinterne Konstruktionsnummer findet man in der internen Literatur anfangs noch W 6506 - eine Bezeichnung, die dem traditionellen DMG-System folgt. Während sich diese W-Nummer an den Bohrungs- und Hubmaßen sowie der Zylinderzahl des Motors orientiert, sind die mit Beginn der Daimler-Benz Ära eingeführten W-Bezeichnungen der "Neuzeit" mehr oder weniger fortlaufend vergebene Konstruktionsnummern ohne tiefere Bedeutung. Innerhalb dieser Systematik erhielt der Typ 8/38 PS die interne Bezeichnung W 02. Nach dem 5/25 PS Prototyp W 01 war er somit das zweite Modell, bei dem das neue Nummernsystem angewendet wurde.

Im Februar 1928 wurden nach den Konstruktionsnummern auch die Verkaufsbezeichnungen der Mercedes-Benz Modelle modernisiert. Die klassischen, fast zwei Jahrzehnte lang von allen Herstellern verwendeten PS-Bezeichnungen wurden bei Daimler-Benz um eine dreistellige Zahl erweitert. Deren Wert, mit zehn multipliziert, ergibt den gerundeten Hubraum in cm³. Der 8/38 PS mutierte so zum 8/38 PS Typ 200. Leistungsangaben und Steuer-PS dienen schon lange nicht mehr als Grundlage für Typenbezeichnungen. Dagegen hat sich die Anfang 1928 eingeführte dreistellige Zahl mit gewissen Erweiterungen bis heute in den Bezeichnungen der Mercedes-Benz Pkw gehalten.

Das neue Einsteigermodell mit der Bezeichnung 8/38 PS war bei Verkaufsbeginn in drei verschiedenen Karosserievarianten lieferbar: als offener Tourenwagen und als 2- bzw. 4-türige Limousine. Im April 1927 rundeten zwei 2/3- bzw. 4/5-sitzige Spezial-Cabriolets die Auswahl ab. Alternativ gab es auch das Fahrgestell zur Karossierung bei einem der zahlreichen Aufbauhersteller. Sechs Monate später wurde die Angebotspalette erneut erweitert: Die 4-türige Limousine war nun auch mit Zwischenwand oder als Spezialwagen für Ärzte und Krankenhäuser lieferbar, außerdem stand ein 4/5-sitziges Landaulet zur Wahl.

Im Februar 1928 wurden neben der neuen Bezeichnung 8/38 PS_Typ 200 auch einige Maßnahmen zur Absatzförderung wirksam. Zu diesem Zweck hatte man die Verkaufspreise gesenkt und die Karosserieauswahl auf insgesamt elf Varianten vergrößert. Neu waren ein 2-sitziger Sportwagen, eine Landaulet-Version mit offenem Fahrersitz und ein Pullman-Landaulet. Damit nicht genug, erschienen im Juli zusätzlich ein 4/5-sitziges kurzes Spezial-Cabriolet und eine Ausführung der 4-türigen Limousine mit 6 Fenstern. Die Anzahl der lieferbaren Karosserievarianten erhöhte sich auf 13.

1928 stand für den 8/38 PS jedoch nicht nur im Zeichen reduzierter Preise und maximierter Auswahl, er wurde unter Leitung von Dr.-Ing. E.h. Hans Nibel auch gründlich überarbeitet. Der ehemalige Chefkonstrukteur bei Benz & Cie. war bereits in der Zeit der Interessengemeinschaft Daimler-Benz gleichberechtigt neben Porsche tätig gewesen und wurde mit Beginn des Jahres 1929 Porsches Nachfolger. Die modellgepflegte Ausführung debütierte im November 1928 auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin unter der neuen Bezeichnung Typ Stuttgart 200. In internen Unterlagen der damaligen Zeit findet man gelegentlich auch Typ 200 Stuttgart.

Die neue Typenbezeichnung, zweifellos ansprechender als das eher dröge 8/38 PS, bezog sich auf den Produktionsort des Fahrzeugs und orientierte sich prinzipiell an der Namensgebung des neuen Achtzylindermodells, das einen Monat zuvor als Typ Nürburg 460 erschienen war. Dieses verdankte seinen Namen weder seinem Produktionsort noch seiner ausgeprägten Sportlichkeit, sondern einer erfolgreichen Dauererprobung auf dem Nürburgring. Ein Jahr später wurde auch die Benennung des Dreiliterwagens, der inzwischen über 3,5 l Hubraum verfügte, dem neuen System angepaßt und in Typ Mannheim 350 geändert.

Ab Anfang 1929, nach der Modellpflege, präsentierte sich der Typ Stuttgart in einer nochmals erweiterten Auswahl. Die Karosserievielfalt war zwar wieder auf ein überschaubares Maß reduziert, dafür gab es aber verschiedene Ausstattungspakete und eine zusätzliche Motorisierungsvariante, den 10/50 PS Typ Stuttgart 260. Der neue 2,6-l-Wagen, intern W 11 genannt, hatte die Aufgabe, die im Pkw-Verkaufsprogramm entstandene Lücke zwischen den Typen 200 und 350 zu schließen. Auf Basis des Zweiliter-Typs war ein Fahrzeug entstanden, das mit seinem deutlich stärkeren Motor die gewachsenen Leistungsansprüche befriedigte, ohne den Bereich des preiswerten Automobils zu verlassen. Der Motor M 11 basierte auf dem mittlerweile standfesten Zweiliter-Aggregat. Man hatte lediglich die Bohrung um 9 auf 74 mm erhöht. Ebenso wie sein hubraumschwächerer Zwillingsbruder war der Stuttgart 260 ein konservativ konstruiertes Fahrzeug, das sich aber durch seine Zuverlässigkeit und Robustheit einen guten Namen machte.

Beide Motorisierungsvarianten wurden nicht nur in einer breitgefächerten Karosserieauswahl, sondern zusätzlich in zwei unterschiedlichen Ausstattungsvarianten angeboten. Beim 2-l-Modell entsprach die sogenannte "Spezial"-Ausführung hinsichtlich Ausstattung und Erscheinungsbild dem bisherigen 8/38 PS Typ 200. Das Karosserieangebot umfaßte außer der 4-türigen Limousine mit 6 Fenstern den 4/5-sitzigen offenen Tourenwagen, den Sport-Zweisitzer und die bekannten Cabriolets, die nun offiziell als Cabriolet A, B und C bezeichnet wurden. Die Limousine und den Tourenwagen gab es alternativ auch in der sogenannten "Standard"-Ausführung, die RM 200,- weniger kostete und nur in einer begrenzten Auswahl von vier Lack- und vier Innenausstattungsvarianten erhältlich war. Als einzige Variante der "Stuttgart"-Modellreihe verfügte sie über einen Rippenrohrkühler anstelle des sonst üblichen Bienenwabenkühlers. Auch beim Armaturenbrett gab es Unterschiede: Eine Uhr war nicht vorgesehen und der Geschwindigkeitsmesser als Walzen-Tacho ausgeführt. Beide Ausführungen des Typ Stuttgart 200 wurden ohne Stoßstangen geliefert und besaßen schwarz emaillierte Fenstereinfassungen sowie schwarz lackierte Radscheiben und Scheinwerfer. Zur Gepäckunterbringung diente eine Kofferbrücke am Wagenheck.

Der Stuttgart 260 wurde mit der gleichen Variantenvielfalt angeboten wie das Zweiliter-Modell. Beim hubraumstärkeren Modell war auch die "Standard"-Ausführung mit Bienenwabenkühler ausgerüstet, und den Sportzweisitzer gab es nur in dieser Basisversion. Die besser ausgestattete Variante wurde beim 260er "Luxus"-Ausführung genannt. Von außen war die gehobene Ausstattung an vernickelten Stoßstangen, Nabenscheiben, Fenstereinfassungen und Scheinwerfern zu erkennen. Auch die Kühlerverschraubung und die Verbindungsstange der Scheinwerfer präsentierten sich im Metallglanz. Das Armaturenbrett war mit dem konventionellen Tacho und der im Serienumfang enthaltenen Zeituhr reichhaltiger bestückt, und auf der Kofferbrücke am Wagenheck befand sich ein großer Koffer mit Innenkoffer. Federschutzgamaschen gehörten ebenfalls zur Serienausstattung. Im Innenraum wurden hochwertigere Stoffe verwendet. Die Stoffauswahl im Inneren und die Farbauswahl für die Lackierung konnte individuellen Wünschen angepaßt werden.

Die Produktion des Stuttgart 260 hatte im September 1928 begonnen und erreichte im Februar 1929 Großserienstückzahlen, zur gleichen Zeit, als auch die Fertigung des Zweiliters in Standard-Ausführung anlief. Bereits im April wurde der Stuttgart 200 Spezial aus der Produktion genommen, war in der Preisliste vom November 1929 jedoch weiterhin enthalten - zumindest als Sportzweisitzer, Tourenwagen und Cabriolet A. Die Reduzierung des Zweiliter-Modells auf die Standard-Variante ergab durchaus Sinn, waren doch die luxuriöseren und sportlicheren Varianten mit dem 2,6-l-Motor zweifellos besser motorisiert. Dies kommt auch in der Produktionsstatistik zum Ausdruck: Im Jahr seiner Einführung erreichte der Stuttgart 260 mit 3640 Fahrzeugen eine deutlich höhere Stückzahl als das Zweiliter-Pendant mit exakt 2000 Einheiten.

Im November 1929 ersetzte das 4-sitzige, 4-türige Cabriolet D des Stuttgart 260 das bisher angebotene 2-türige Cabriolet B und wurde mit einem Preis von RM 10.600,- zur teuersten Variante der Typenreihe. Im Februar 1930 entfiel der Sport-Zweisitzer in beiden Motorisierungen; zum gleichen Zeitpunkt wurde die "Standard"-Version in "Normal"-Version umbenannt, und die "Luxus"-Version des Stuttgart 260 erhielt die neue Bezeichnung "Sonderausführung". Ab August 1930 wurden alle Modelle des Typ Stuttgart auf Wunsch gegen Mehrpreis von RM 575,- mit einem Mercedes-Benz/Maybach Schnellgang-Getriebe angeboten. Der Schongang konnte ohne zu kuppeln mit Saugluftunterstützung eingelegt werden und reduzierte die Drehzahl im direkten Gang um 30 %.

Im Februar 1931 ergänzte bei beiden Modellen ein 4-sitziges, 2-türiges Cabriolet NC das Angebot. Beim Stuttgart 260 wurden die Verkaufspreise aller Varianten reduziert, und das Cabriolet A der Sonderausführung entfiel. Im April 1932 kam es erneut zu einer Preissenkung, die diesmal den Zweiliter-Typ einschloß. Nicht betroffen war lediglich die Limousine des 260ers in Normal-Ausführung.

Obwohl sich der Lebenszyklus des Typ Stuttgart seinem Ende näherte, erschienen im Oktober 1932 die Limousine und das Cabriolet NC in stilistisch modernisierter Gestalt. Die Limousine präsentierte sich mit verlängerter Motorhaube, leicht schräg gestellter Frontscheibe und fließenderen Formen. Das Cabriolet NC, das die schräge Windschutzscheibe zusammen mit dem Cabriolet D bereits ein Jahr zuvor erhalten hatte, verfügte nun über eine durchgehende Chromleiste und Türen mit niedrigerer Oberkante.

1933 wurde noch eine lange Ausführung des 260ers mit einem 270 mm längeren Radstand in das Programm aufgenommen. Zwischen März und Oktober 1933 entstanden 50 Fahrzeuge, fast alle als Pullman-Limousine.

Die Pkw-Variante des Stuttgart 260 wurde bis Mai 1933 produziert. Im Juli 1934 folgten noch einmal 45 Fahrgestelle. Die Fertigung des 2-Liter-Modells wurde im April 1933 eingestellt, kurz nachdem der wesentlich modernere Schwingachswagen Typ 200 (W 21) als Nachfolger präsentiert worden war. Zwischen Juli und September 1933 entstand allerdings noch eine letzte Serie von 50 Fahrzeugen. Wie die Preisliste vom Februar 1933 ausweist, wurden beide Modelle, Vorgänger und Nachfolger, noch eine Zeit lang parallel angeboten - die Stuttgart-Typen zu nochmals reduzierten Preisen. Die Pullman-Limousine auf dem langen 2,6-l-Fahrgestell war bis September 1934 in der Preisliste enthalten, das Fahrgestell mit oder ohne Schnellgang sogar noch zwei Jahre länger.

Die robuste Basiskonstruktion des 8/38 PS erlaubte seine Verwendung auch als Lieferwagen-Chassis, das ab Oktober 1927 unter der Bezeichnung L 3/4 angeboten wurde. Der ungewöhnlich erscheinende Name entspricht der damaligen Nomenklatur für Nutzfahrzeuge und steht für eine Nutzlast von 3/4 t. Diese Fahrgestelle hatte einen besonders langen Radstand von 3250 mm und wurden hauptsächlich für Lieferwagen, Krankenwagen und Omnibusse verwendet. In Omnibusbetrieben kamen sie bei Ausflugsfahrten kleiner Gruppen zum Einsatz, entweder mit geschlossener Karosserie und acht Plätzen oder in offener Ausführung mit Verdeck als sogenannte "Aussichtswagen" mit zehn Plätzen.

Eine weitere interessante Variante war der "Kombinationswagen", der auf den ersten Blick einem 6/7-sitzigen offenen Tourenwagen entsprach. Nach Herausnehmen der mittleren und hinteren Sitzreihe konnte er mit einem Zinkblecheinsatz jedoch leicht in einen offenen Lieferwagen umgewandelt werden. Großen Bekanntheitsgrad erlangten die sogenannten "Landpostwagen", von denen in den 30er Jahren mehrere Hundert Exemplare zur postalischen Versorgung ländlicher Bereiche im Einsatz waren.

In technischer Hinsicht entsprachen die L 3/4 Fahrgestelle weitgehend der Pkw-Ausführung. Die Rahmenlängsträger liefen jedoch hinter den Hinterrädern nicht nach unten zu den Federschäkeln aus, sondern waren horizontal weitergeführt. Zwischen Getriebe und Differential gab es kein Schubrohr wie bei den Pkw-Varianten, sondern eine freie Kardanwelle, die die Kraft über einen an der Unterseite des Differentialgehäuses liegenden Schnecken-Antrieb auf die Hinterräder übertrug.

Die ersten beiden Versuchsexemplare des L 3/4 Fahrgestells wurden im Oktober und November 1927 fertiggestellt. Die Serienfertigung begann im Februar 1928 und lief zunächst bis Juli des gleichen Jahres. In dieser Zeit entstanden 103 Fahrgestelle mit dem 2-l-Motor. Im Oktober wurde der L 3/4 auf den leistungsstärkeren 2,6-l-Motor umgestellt. Auf der Berliner IAMA im November 1928 stellte Daimler-Benz einen Lieferwagen und einen Hotel-Omnibus auf L 3/4 Basis aus, die beide mit dem M 11 ausgerüstet waren - zwei Monate, bevor der Stuttgart 260 auf den Markt kam. Die Serienproduktion des 2,6-l-Fahrgestells hatte bereits im Oktober begonnen. Im Juli 1929 wurde das L 3/4 Fahrgestell für eine Nutzlast von 1000 kg modifiziert und konsequent in L 1000 umbenannt. Als neue Verkaufsbezeichnung wurde Mercedes-Benz "Express" propagiert. Etwa zu dieser Zeit erhielt der L 3/4 bzw. L 1000 die interne Konstruktionsnummer W 37. Ab Februar 1933 konnte auch der L 1000 mit Schnellgang-Getriebe bestellt werden.

Die Preisliste vom November 1929 führte nicht nur das Fahrgestell selbst, sondern auch einige Aufbauten auf: Zwei verschiedene Pritschenwagen, zwei Omnibus-Varianten für 8-10 Personen mit hinterem oder seitlichem Einstieg und einen Kastenwagen, der sich durch "beste, stabile Ausführung" auszeichnete. Um potentielle Interessenten nicht mit hohen Aufbau-Preisen zu verschrecken, meldete die genannte Preisliste: "Die gleichen Aufbauten können in einfacher, leichter Ausführung von auswärts auch billiger beschafft werden". Zur Verdeutlichung der Unterschiede hieß es weiter: "Wir bitten, besonders zu beachten, dass unsere Spezial-Pritschen-Aufbauten eine besonders schöne Formgebung haben und eine äußerst solide und sorgfältige Ausführung aufweisen. Die Vorzüge unserer Pritschen-Konstruktion lassen einen Vergleich mit Aufbauten ähnlicher Art sonstiger in- und ausländischer Fabrikate nicht zu." Leider ist nicht überliefert, wieviele Käufer sich wegen der besonders schönen Formgebung für den Pritschenwagen entschieden haben. Die Gesamtstückzahl des L 1000 ist jedenfalls bemerkenswert: Zwischen Oktober 1928 und August 1936 entstanden in Untertürkheim 2.376 Einheiten.

Von August 1934 bis Dezember 1935 wurden auf Basis des Stuttgart 260 außerdem noch 1507 Fahrgestelle für Kübelsitzwagen hergestellt. Die Karosserien fertigten teils das Werk Sindelfingen, teils die Firmen Trutz in Coburg und Gaubschat in Berlin, wobei die Werksaufbauten aus Sindelfinger Produktion rund ein Drittel der Gesamtzahl ausmachen. Anstelle der Stahlblech-Speichenräder der regulären Modelle war der Stuttgart 260 Kübelwagen mit Scheibenrädern ausgerüstet. Er hatte ein Aphon-Getriebe, das - dem Verwendungszweck entsprechend - nicht mit dem sonst erhältlichen Schnellgang-Getriebe kombiniert werden konnte. Die Kübelwagen-Variante des Stuttgart 260 wurde von der Reichswehr wegen ihrer Robustheit geschätzt und war teilweise bis Anfang der 40er Jahre im Einsatz.

Die Gesamtproduktion der Pkw-Version belief sich auf 9105 Einheiten für den 8/38 PS, 6452 Stück für den Stuttgart 200 und 6757 Exemplare für den Stuttgart 260. Trotz dieser heute bescheiden anmutenden Stückzahlen hat die Modellfamilie W 6506 / W 02 / W 11 in ihrem Marktsegment einen beachtlichen Erfolg errungen. Alle drei Typen wurden in Stuttgart-Untertürkheim gebaut. Wer heute vom Typ Stuttgart spricht, meint in der Regel die gesamte Modellfamilie, auch wenn diese Bezeichnung erst mit der Modellpflege im Herbst 1928 eingeführt wurde.

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