PKW4261 Geländewagen der Baureihe 460, 1979 - 1992

Geländewagen der Baureihe 460, 1979 - 1992

Im Februar 1979 wurde mit der Präsentation der Mercedes-Benz G-Modelle ein vollkommen neues Terrain beschritten. Zwar hatte es auch vor 1945 bereits geländegängige Pkw von Mercedes-Benz gegeben, diese kamen jedoch primär bei zivilen wie nicht-zivilen staatlichen Institutionen zum Einsatz. Die neue Geländewagen-Generation war dagegen einerseits für den harten Alltagseinsatz im industriellen oder kommunalen Bereich, andererseits aber auch als exklusives Fortbewegungsmittel mit Freizeitcharakter konzipiert.

Die Entwicklung war in Zusammenarbeit mit der Steyr-Daimler-Puch AG erfolgt, die für die Serienfertigung des G-Modells das Puch-Werk in Graz-Thondorf ausgebaut und erweitert hatte. Für die Produktion zeichnete im Rahmen eines Kooperationsvertrags zunächst die „Gelände-Fahrzeug GmbH“ (GFG), an der beide Partner zu je 50 % beteiligt waren, verantwortlich; im August 1981 wurde von Daimler-Benz die Beteiligung an der GFG aufgegeben, und seither werden die Mercedes-Benz Geländewagen von Steyr-Daimler-Puch im Lohnauftrag produziert. In Österreich, der Schweiz und den damaligen COMECON-Ländern wurden die ansonsten vollkommen identischen Fahrzeuge unter dem Markennamen „Puch“ vertrieben.

Das ursprüngliche Modellangebot der G-Reihe umfasste vier Motorisierungs- und fünf Aufbauvarianten, wobei Fahrgestelle mit zwei verschiedenen Rahmenlängen und Radständen zum Einsatz kamen. Neben einem „Offenen Wagen“ mit kurzem Radstand standen eine Kombi-Version, der sogenannte „Station-Wagen“, sowie ein Kastenwagen jeweils auf kurzem oder langem Fahrgestell zur Auswahl. Bei Motoren und Aggregaten hatte man getreu dem bei Daimler-Benz intensiv praktizierten Baukastensystem auf bewährte Komponenten zurückgegriffen. Den Antrieb übernahmen die von der Baureihe 123 bekannten 2,4-Liter-Vierzylinder- und 3,0-Liter-Fünfzylinder-Dieseltriebwerke, der 2,3-Liter-Vierzylinder-Benziner sowie der 2,8-Liter-Reihensechszylinder-Einspritzer.

Die Selbstzünder leisteten 53 kW/72 PS bei 4400/min bzw. 59 kW/80 PS bei 4000/min, wobei der Fünfzylinder ab September 1979, parallel zur Pkw-Baureihe 123, eine Leistungsspritze auf 65 kW/88 PS bei 4400/min erhielt. Während der 240 GD ausschließlich mit einem 4-Gang-Schaltgetriebe zu haben war, standen für den 300 GD auf Wunsch zusätzlich ein manuelles 5-Gang-Getriebe sowie eine 4-Gang-Automatik zur Wahl. Die bei Straßenbetrieb erreichbaren maximalen Fahrwerte bewegten sich bei den Diesel-motorisierten Modellen, je nach Ausführung, im Bereich zwischen 115 und 130 km/h Höchstgeschwindigkeit. Bei Fahrzeuggewichten zwischen 1900 und 2200 kg pendelten sich die durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchswerte nach Werksangabe bei etwa 14 Litern auf 100 km ein.

Naturgemäß boten die mit Ottomotor ausgestatteten Versionen mehr Dynamik. Der im 230 G arbeitende Vierzylinder M 115 war dabei zunächst sowohl in einer niedrig verdichteten Version mit 66 kW/90 PS bei 5000/min wie auch mit höherer Verdichtung und einer Leistung von 75 kW/102 PS bei 5250/min erhältlich. Eine nochmalige kW/PS-Zulage erfolgte 1986, als dieses Modell – seit 1982 nicht mehr im Inland angeboten – auf den modernen Benziner der Motorenfamilie M 102 umgestellt wurde. Mit Vergaser bestückt, stellte das Triebwerk 80 kW/109 PS bei 5300/min bereit. Damit stieg das Fahrleistungsniveau sukzessive an und erreichte mit Maximalgeschwindigkeiten von bis zu 144 km/h für den Straßeneinsatz praktikable Werte. Das Spitzenmodell 280 GE war mit seinem 115 kW/156 PS starken Einspritz-Sechszylinder dagegen souverän motorisiert. Obwohl das mit Doppelnockenwellen-Zylinderkopf eher sportlich konzipierte Triebwerk im G-Modell mit 21 kW/29 PS weniger spezifiziert war als in der 280 E Limousine der Baureihe 123, ermöglichte es, gekoppelt an das serienmäßige 4-Gang-Schaltgetriebe sowie alternativ an eine mechanische 5-Gang-Schaltbox oder eine 4-Gang-Automatik – beides optional verfügbar – eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 160 km/h. Prinzipbedingt erreichten dabei die durchschnittlichen Kraftstoffverbräuche der beiden Benziner Größenordnungen von rund 19 bzw. etwa 22 Liter auf 100 Kilometer.

Entscheidender als deren Fähigkeiten im anspruchsvolleren Straßenbetrieb waren insbesondere bei den G-Modellen der ersten Generation – die intern der Baureihe 460 zugeordnet worden waren – deren überragende Qualitäten als Geländefahrzeuge. Als Chassis fungierte ein gekröpfter Vierkantrohr-Leiterrahmen, der vorne und hinten eine an je zwei Längslenkern und einem Querlenker (Panhardstab) geführte Starrachse trug. Diese wiederum wurden von langhubigen Schraubenfedern, Gummi-Zusatzfedern und hydraulischen Teleskopstoßdämpfern im Zaum gehalten, wobei an der Vorderachse zusätzlich ein Querstabilisator die Seitenneigung begrenzte. Für optimale Traktion jenseits befestigter Straßen sorgte der Allradantrieb, bestehend aus permanentem Hinterrad- und während der Fahrt zuschaltbarem Vorderradantrieb, der, mit einer Antriebsmomentenverteilung von 50 % zu 50 %, die G-Modelle zu Offroadern machte, die in ihrem Segment neue Maßstäbe setzten. Für den Straßenbetrieb war der Allradmodus weniger geeignet, da der starre Durchtrieb zwischen beiden Achsen aufgrund des Fehlens eines Zentraldifferenzials zu schädlichen Verspannungen im Antriebsstrang führte.  

Während sich bei den Modellen der Baureihe 460 bereits die bald ikonisch werdende Stilistik der Karosseriegestaltung in der Balance zwischen Arbeitsgerät und Freizeitfahrzeug zeigte, spiegelte die Ausführung der Interieurs anfangs noch den Wunsch nach kompromisslosem Praxisnutzen und höchster Robustheit wider. Komfortorientierte Ausstattungsmerkmale suchte man vorerst noch vergebens, und auch in den noch relativ knappen Optionenlisten waren sie zunächst nicht zu finden.

Die Brutto-Listenpreise zur Marktpremiere der G-Modelle waren infolge des aufwändigen Fertigungsprozesses, der im Vergleich zur normalen Pkw-Serie begrenzten Stückzahlen und des auf Dauerhaltbarkeit ausgelegten, dazu kostspieligen Allradkonzepts, gehoben. Der Einstieg in die neue Offroader-Welt von Mercedes-Benz, ein 230 G als Offener Wagen, schlug mit 29.736,00 DM zu Buche. Am entgegengesetzten Ende der Skala wurden für einen 280 GE Stationswagen mit langem Radstand 42.784,00 DM berechnet. Zum Vergleich: Eine Mercedes-Benz 230 Limousine der Baureihe 123 kostete seinerzeit 21.532,00 DM und ein 280 E 30.212,00 DM.

In den Folgejahren war die weitere Entwicklung der G-Modelle geprägt von kontinuierlicher Modellpflege, bei der vor allem die Innenausstattung mehrfach aufgewertet und an höher werdende Kundenansprüche angepasst wurde. Darüber hinaus wurde auch das Angebot verfügbarer Sonderausstattungen stetig erweitert. Bei der Motorenpalette kam es im Lauf der Zeit ebenfalls zu einer Reihe von Änderungen. So wurde im April 1982 der mit dem 2,3-Liter-Einspritzmotor M 102 ausgestattete 230 GE vorgestellt, der auf dem deutschen Markt zum Nachfolger des 230 G wurde. Ab 1986 war das Triebwerk auf Wunsch auch mit geregeltem Dreiwege-Katalysator erhältlich. In diesem Fall reduzierte sich die Leistungsausbeute von 92 kW/125 PS bei 5000/min auf 90 kW/122 PS, die bei 5100/min bereitstanden. Einherging der Einsatz des modern konzipierten Vierzylinders mit einer Kraftstoffverbrauchsreduzierung um etwa 10 % auf durchschnittlich 17,0 Liter auf 100 km. Speziell für den italienischen Exportmarkt mit seiner besonderen Steuergesetzgebung wurde ab 1986 auch eine 2,0-Liter-Variante des M 102 gebaut, die im ausschließlich dort angebotenen 200 GE Verwendung fand. In Verbindung mit einer Bosch KE-Jetronic Saugrohreinspritzung lieferte das Triebwerk 90 kW/122 PS bei 5100/min ohne und 87 kW/118 PS bei 5200/min mit Katalysator.

Ebenfalls von einer nachhaltigen Aktualisierung der Antriebstechnik profitierte im Oktober 1987 das Diesel-Einsteigermodell. Der 240 GD mit seinem Vierzylinder OM 616 – ein Aggregat, dessen konstruktive Wurzeln bis in die 1950er-Jahre zurückreichten – wurde vom 250 GD abgelöst. Dieser war mit einem 2,5-Liter-Fünfzylinder-Dieselmotor der Baureihe OM 602 ausgestattet, der seinen Einstand zwei Jahre zuvor in der Kompaktlimousine 190 D 2.5 (Baureihe 201) sowie im Mittelklasse-Viertürer 250 D (Baureihe 124) gegeben hatte. Im Geländewagen war der Selbstzünder mit 62 kW/84 PS bei 4600/min spezifiziert, was insbesondere zu einer Verbesserung der Fahrleistungen führte: Die Höchstgeschwindigkeit betrug nun, je nach Ausführung, knapp 130 km/h.

Besondere Aufmerksamkeit fand auf der im September 1989 in Frankfurt/M. veranstalteten Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) ein erstes Sondermodell in der Geschichte des deutschen Mercedes-Benz Pkw-Programms. Diese Ehre wurde dem 230 GE Classic zuteil, der aus Anlass des 10-jährigen Produktionsjubiläums der Geländewagen-Baureihe in einer Auflage von 300 Fahrzeugen gefertigt wurde. Nur als Stationswagen mit kurzem Radstand und der Vierzylinder-Benziner-Motorisierung lieferbar, wartete das Editionsmodell mit einem Ausstattungsumfang auf, der nicht nur die bisher eher karge, primär auf Praktikabilität ausgerichtete Innenraumanmutung der G-Modelle vergessen ließ, sondern auch in seinem äußeren Erscheinungsbild schmückenden Akzenten Raum bot und insofern zum Vorreiter künftiger Entwicklungen wurde.

An Bord der ausschließlich im Lackfarbton Blauschwarz Metallic erhältlichen Classic-Ausführung befanden sich unter anderem rundum wärmedämmendes Glas, mit grauem Stoff bezogene Recaro-Sitze, eine komplett mit Wurzelholzfurnier belegte Armaturentafel, stoffbezogene Türinnenverkleidungen sowie eine Editionsplakette mit individueller Produktionsnummer. Äußere Merkmale waren ein abklappbarer Frontrammschutz aus Edelstahl, Lampenschutzgitter, verchromte Extrazierleisten, „Classic“-Plaketten auf Höhe der Außenspiegel, Kotflügelverbreiterungen mit Leichtmetallrädern und Breitreifen im Format 255/75 R 15, sowie eine Scheinwerfer-Reinigungsanlage. Zusätzlichen Nutzwert bot eine verstärkte Anhängerkupplung mit integrierter Steckdose.

Ein neues Kapitel in der Geschichte des G-Modells begann im September 1989, als eine grundlegend überarbeitete Modellpalette – interne Bezeichnung: Baureihe 463 – präsentiert wurde. Für professionelle Nutzanwender blieben die 460er mit allen Aufbauvarianten jedoch bis 1992 weiterhin im Verkaufsprogramm. Für Mercedes-Benz erwies sich der Einstieg in ein völlig neues Fahrzeugsegment als voller Erfolg: Insgesamt verließen bis zu ihrem Produktionsende fast 52.000 für den Zivilbereich hergestellte G-Modelle der Baureihe 460 die Grazer Fertigungsanlagen. Zum Bestseller avancierte mit großem Abstand der 300 GD. Allein auf ihn entfielen, über alle verfügbaren Aufbau- und Radstandvarianten hinweg, mehr als 20.000 an zivile Kundenkreise ausgelieferte Fahrzeuge. Der Brutto-Listenpreis für die teuerste Version, den 300 GD Stationswagen mit langem Radstand, betrug zum Schluss 72.219,00 DM.

  • Titel
    Die Mercedes-Benz Geländewagen Die Antwort auf alle Ansprüche. Kurzfssg.aus 7355
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    Der Mercedes-Benz Geländewagen - die Antwort auf alle Ansprüche
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