Im August 1961 wurden neben dem Typ 300 SE und dem 220 SEb Cabriolet auch zwei neue Vierzylindermodelle präsentiert. Die Typen 190 c und 190 Dc, die der Baureihe 110 angehörten, lösten die "Ponton"-Modelle 190 b und 190 Db ab und verfügten jetzt, wie die Sechszylindertypen, über eine Heckflossen-Karosserie.
Mit der Einführung der neuen Vierzylindermodelle gipfelte das von Daimler-Benz seit Beginn der Nachkriegsproduktion konsequent praktizierte Baukastenprinzip in einem auch später nie wieder erreichten Höhepunkt. Erstmals in der Geschichte des Unternehmens verwendeten Mittelklasse- und Oberklasse-Baureihe nicht nur gleiche Aggregate und Komponenten, sondern besaßen darüber hinaus eine weitgehend identische Karosserie.
Anklänge an diese Entwicklung hatte es bereits in der "Ponton"-Ära gegeben - man denke nur an den Typ 219, dessen Aufbau von der A-Säule an den Vierzylindertypen entsprach. Perfektioniert wurde das Prinzip nun bei den Heckflossen-Modellen, die - von Zierelementen abgesehen - allesamt eine ab der Frontscheibe identische Einheitskarosserie aufwiesen. Die "Ponton"-Baureihe wurde zwar in Gestalt der verbesserten Typen 180 c und 180 Dc weiter produziert; allerdings nur bis Oktober 1962. Von diesem Zeitpunkt an besaßen alle Großserienmodelle des Mercedes-Benz Pkw-Programms die Einheitskarosserie. Aufgegeben wurde dies Konzept erst im August 1965, als mit der Baureihe 108 eine neue Generation der Oberklasse auf den Markt kam.
Die Vorteile der Einheitskarosserie lagen vor allem in ihrem enormen ökonomischen Potential - die Kosten für Entwicklung, Fertigung und Ersatzteilhaltung konnten deutlich reduziert werden; außerdem kam nun auch der Fahrer eines Mittelklasse-Modells in den Genuß der großzügigen Platzverhältnisse im Innenraum und des überaus geräumigen Kofferraums. Dieser Aspekt beinhaltete aber auch zwei gewichtige Nachteile des Konzepts: Einerseits war die Gesamtlänge der Vierzylindertypen gegenüber den Vorgängermodellen um 230 mm gewachsen - ein Thema, dem wegen des knapper werdenden Parkraums allmählich zunehmende Bedeutung zukam, andererseits hätte sich sicher mancher Oberklasse-Kunde eine größere Distanz zu den Modellen der kleineren Baureihe gewünscht.
Trotz der Einheitskarosserie ließen sich die neuen Vierzylindertypen auf den ersten Blick von ihren Schwestermodellen mit Sechszylindermotor unterscheiden, zumindest, wenn man sie nicht gerade von hinten betrachtete. Auffallende Erkennungsmerkmale der 190er waren die runden Scheinwerfer, der deutlich kürzere Vorbau sowie die von den "Ponton"-Typen übernommenen Blinkleuchten, die am hinteren Ende auf den Vorderkotflügeln saßen. Der etwas versiertere Beobachter bemerkte außerdem, daß die von den Sechszylindern bekannten Entlüftungsöffnungen in der C-Säule samt zugehörigen Zierelementen sowie die Chromecken oberhalb der vorderen Stoßstange fehlten. Ansonsten entsprach die Karosserie-Ausstattung einschließlich Heckleuchten und Zierelementen in allen Details dem Sechszylinder-Einsteigermodell 220 b.
Nicht nur die stilistische, sondern auch die technische Konzeption der neuen 190er war am 220 b orientiert: Vorder- und Hinterradaufhängung sowie Bremsanlage hatte man unverändert vom großen Bruder übernommen. Die Rahmenboden-Anlage, die ebenfalls von den Sechszylindertypen stammte, mußte dem kürzeren Vorbau der Vierzylinder angepaßt werden und wies einen um 50 mm geringeren Radstand auf. Auch eine Verbesserung der Bremsanlage blieb nicht auf den 220 b beschränkt, sondern kam den Typen 190 c und 190 Dc ebenfalls zugute: Im August 1963 erhielten alle drei Modelle eine Zweikreisbremsanlage mit Bremskraftverstärker und Scheibenbremsen vorn.
Eine echte Neuerung stellte der 2,0-l-Dieselmotor des 190 Dc dar, den man aus dem 1,9-l-Aggregat des Vorgängermodells entwickelt hatte - der neue Typ hätte also eigentlich 200 D heißen müssen. Außer der durch Aufbohren realisierten Hubraumvergrößerung umfaßten die Änderungen eine modifizierte Nockenwelle, eine neu abgestimmte Einspritzpumpe sowie optimierte Saugrohre. Durch die Summe dieser Maßnahmen konnte die Leistung um 5 PS auf 55 PS gesteigert werden. Den Motor des benzingetriebenen Schwestermodells hatte man weniger tiefgreifend überarbeitet; die Änderungen dienten primär einer Verbesserung der Laufruhe und beließen die Leistung wie zuvor bei 80 PS. Ab August 1962 war der 190 c auf Wunsch mit 4-Gang-Automatikgetriebe lieferbar, und ab Juli 1963 konnte auch der Dieselkunde von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Der Mehrpreis betrug in beiden Fällen, wie bei den Sechszylindertypen, 1.400,- DM.
Als im August 1965 die neuen Oberklasse-Typen der Baureihe 108 vorgestellt wurden und die Epoche der Einheitskarosserie zu Ende ging, präsentierten sich auch die Vierzylindermodelle in verbesserter Form und mit neuen Typenbezeichnungen. Die Typen 200 und 200 D traten die Nachfolge der seit vier Jahren produzierten 190er an.
An der Karosserie hatte man nur Detailänderungen vorgenommen. Kombinierte Blink-, Park- und Nebelleuchten unterhalb der Scheinwerfer hatten die Blinker auf den Kotflügeln ersetzt, und die seitherigen Rückleuchten waren gleichgroßen, nun aber trapezförmigen und etwas kantigeren Leuchteinheiten gewichen. In den C-Säulen befanden sich jetzt die von den Sechszylindermodellen bekannten Entlüftungsöffnungen mit entsprechenden Zierelementen. Verändert zeigte sich auch der Chromschmuck im Heckbereich: Die Zierleiste an den Peilstegen war entfallen, dafür gab es nun einen durchgehenden Chromstreifen als Abschluß des Kofferraumdeckels und je eine Zierleiste unterhalb der Heckleuchten.
Während Fahrwerk und Bremsanlage der neuen Typen den Vorgängermodellen entsprachen, waren bei den Motoren technische Neuerungen zu verzeichnen. Wie vier Jahre zuvor beim Dieselmotor, hatte man auch den Hubraum des 1,9-l-Ottomotors durch Aufbohren auf 2,0 l erhöht. Gleichzeitig hatte man die Verdichtung angehoben und den seitherigen Fallstromvergaser durch zwei Exemplare eines abgewandelten Typs ersetzt. Die Leistung konnte dadurch um stattliche 15 PS auf 95 PS erhöht werden. Der weiteren Verbesserung der Laufruhe diente die nun fünffache Lagerung der Kurbelwelle, eine Maßnahme, die auch der Dieselvariante zugute kam.
Zur gleichen Zeit wie die überabeiteten Vierzylindermodelle wurde mit dem Typ 230 ein äußerlich identisches Pkw-Modell vorgestellt, das in der kurzen Karosserie der Vierzylindertypen über einen 2,3-l-Sechszylindermotor verfügte. Dieser stellte eine gedrosselte Ausführung des im neuen Typ 230 S verwendeten Aggregats dar, welches seinerseits aus dem Motor des 220 Sb entwickelt worden war. Durch Kombination mit der Vergaseranlage des 2,0-l-Vierzylinder-Aggregats hatte man die Motorleistung auf 105 PS gedrosselt, die dem Typ 230 zu recht ansehnlichen Fahrleistungen verhalfen. Ab Juli 1966 wurde dann sogar der unveränderte Motor des 230 S mit einer Leistung von 120 PS eingebaut, wodurch Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung nochmals verbessert wurden.
Wie bei den Vierzylindermodellen der Mittelklasse-Baureihe traditionell üblich, waren auch die Typen der Baureihe 110 als Fahrgestelle mit Teilkarosserie lieferbar, die von Aufbauherstellern im In- und Ausland zu Krankenwagen, Kombiwagen oder anderen Sonderausführungen ausgebaut wurden. Einen hohen Verbreitungsgrad erreichten vor allem die Krankenwagen-Aufbauten der Firmen Binz in Lorch und Miesen in Bonn.
Besondere Bedeutung erlangte eine Kombiwagen-Variante, die von der Firma IMA in Malines/Belgien auf dem Fahrgestell des Typ 190 D gefertigt und anläßlich der Brüsseler Automobilausstellung im Januar 1965 als Typ 190 D Universal präsentiert wurde. Von der normalen Limousinen-Ausführung unterschied sich der Universal, wie auch die übrigen Sonderausführungen anderer Hersteller, durch eine geänderte Hinterachsübersetzung, 15 Zoll-Räder, verstärkte Federn sowie eine zusätzliche Ausgleich-Luftfeder an der Hinterachse.
Nach der Präsentation des überarbeiteten Pkw-Programms im August 1965 wurden von IMA auch die modellgepflegten Typen der Baureihe 110 als "Universal"-Kombiwagen produziert. Äußerlich hatten sich bei den modifizierten Kombi-Varianten nur die vorderen Blinker geändert; die anderen bei den Limousinen eingeführten Neuerungen in der Karosserie-Ausstattung kamen wegen der abweichenden Heckgestaltung nicht zum Tragen. Im Gegensatz zu den überarbeiteten Limousinen besaßen die "Universal"-Modelle Zierleisten an den Peilstegen, und zwar - wie beim 230 S - am hinteren Abschluß und auf der Oberkante. Interessanterweise war mit dem Typ 230 Universal nun auch ein Sechszylinder-Kombiwagen lieferbar. Als Steigerung gab es außerdem noch den Typ 230 S Universal, der wie die zugrundeliegende Limousine der Baureihe 111 zugeordnet war und mit seinem längeren Vorbau, dem typischen "Sechszylinder-Gesicht" und den verchromten Radzierringen deutlich repräsentativer wirkte.
Auch die neuen "Universal"-Modelle wiesen 15 Zoll-Räder und verstärkte Federn auf; darüber hinaus gehörte die neu entwickelte hydropneumatische Ausgleichfeder zur Grundausstattung. Alle vier Varianten des "Universal" wurden von August 1966 bis Ende 1967 im Inland über die Daimler-Benz Verkaufsorganisation vertrieben.
Von den überarbeiteten Modellen 200 D - 230 war neben dem normalen Fahrgestell mit Teilkarosserie auch eine verlängerte Variante mit einem Radstand von 3100 mm erhältlich, die bevorzugt für Krankenwagen oder Bestattungswagen verwendet wurde. Ab April 1967, als sich die Heckflossen-Ära bereits langsam ihrem Ende näherte, wurde der Typ 200 D außerdem als 7-8 sitzige Limousine mit 3350 mm Radstand angeboten. Die neue Variante hatte im Fond vor der normalen Rückbank eine geteilte Klappsitzbank, die drei Personen Platz bot, auf Wunsch aber auch entfallen konnte, um den Fahrgästen im Fond besondere Bequemlichkeit durch große Beinfreiheit zu bieten. Den Anstoß zur Entwicklung dieses Modells hatten die Anfragen zahlreicher Taxi- und Mietwagenbetriebe des Auslands gegeben, und so war die verlängerte Sonderausführung bereits einige Zeit vor der Markteinführung in Deutschland ausschließlich für den Export produziert worden. Eingesetzt wurde die Limousine mit langem Radstand hauptsächlich von Taxi- und Reiseunternehmen, Fluggesellschaften, Konsulaten und Behörden.
Im Februar 1968 endete die Produktion der letzten "Heckflossen"-Modelle, nachdem im Januar die stilistisch und technisch vollkommen neu entwickelten Modelle der "Neuen Generation" auf den Markt gekommen waren. In der sechseinhalbjährigen Produktionszeit hatten das Werk Sindelfingen insgesamt 622.453 Limousinen und 5.859 Fahrgestelle mit Teilkarosserie verlassen. Die genauen Produktionszahlen der "Universal"-Modelle und der Limousinen mit verlängertem Radstand sind leider nicht separat dokumentiert.