Mercedes-Benz SSKL mit Stromlinienkarosserie, 1932 - 1933

Mercedes-Benz SSKL mit Stromlinienkarosserie, 1932 - 1933

Trotz der beachtlichen Erfolge des Mercedes-Benz SSKL in seiner Debütsaison 1931 erforderte die überaus dynamische Entwicklung des Motorsportgeschehens bereits nach einem Jahr eine weitere Evolutionsstufe. Diesmal wurde die Weiterentwicklung aber nicht von Daimler-Benz initiiert, sondern ging auf die Initiative von Reinhard Freiherr von Koenig-Fachsenfeld zurück. Der Stuttgarter Aerodynamik-Pionier hatte für den SSKL im Hinblick auf das Hochgeschwindigkeits-Rennen auf der Berliner AVUS im Mai 1932 eine Stromlinienkarosserie aus Aluminium entworfen und war damit an Manfred von Brauchitsch herangetreten. Dieser ließ sich von den Vorteilen einer solchen Karosserie überzeugen, und so wurde der von der Cannstatter Firma Vetter unter größtem Zeitdruck gefertigte Aufbau in Eigeninitiative auf das Fahrgestell des technisch ansonsten unveränderten SSKL montiert. Zwar wirkte die einem frühen Zeppelin ähnelnde neue Karosserie optisch gewöhnungsbedürftig, ihre aerodynamischen Qualitäten standen aber außer Frage: Der Luftwiderstand dieses SSKL war gegenüber einem normal karossierten um 25 % reduziert und das Ergebnis war eine um 20 km/h höhere Höchstgeschwindigkeit.

Zunächst belächelt wegen seines skurril aussehenden Rennwagens, den er aufgrund seiner Form liebevoll als „Gurke“ tituliert hatte, wusste von Brauchitsch diesen Vorteil auf der AVUS optimal für sich zu nutzen. Kurz vor Schluss des über 294,4 km führenden Rennens schob er sich mit seinem Wagen am bis dahin führenden Caracciola auf Alfa Romeo P3 vorbei und feierte mit einem Durchschnittstempo von 194,4 km/h einen seiner ersten großen Siege. Radio-Reporter Paul Laven bezeichnete den mit Stromlinienkarosserie versehenen SSKL in seiner Reportage als „silbernen Pfeil“, und ganz unabhängig von dieser Bezeichnung gilt der von Koenig-Fachsenfeld konstruierte Stromlinien-Rennwagen als Bindeglied zwischen den klassischen Sechszylinder-Kompressorwagen und den ab 1934 eingesetzten Mercedes-Benz Silberpfeilen. Mit dem AVUS-Siegerwagen von 1932 und seinem aufsehenerregenden Erfolg wurde die wichtige Rolle der Aerodynamik im Motorsport zum ersten Mal in ihrer Tragweite erkennbar.

Ein Jahr später, im Vorfeld des AVUS-Rennens 1933, ließ Daimler-Benz für den reaktivierten, inzwischen 44-jährigen Otto Merz, einen langjährigen erfolgreichen Werksfahrer auf Mercedes und Mercedes-Benz, ebenfalls einen SSKL mit einer Stromlinienkarosserie aufbauen. Die Karosserie ähnelte derjenigen, die von Brauchitsch im Jahr zuvor zum Sieg verholfen hatte. In letzter Sekunde wurde der Wagen fertiggestellt, und Merz fuhr mit ihm auf eigener Achse nach Berlin. Trotz aller Erfahrung und Abgeklärtheit, die er in seiner langen Karriere erworben hatte, konnte Merz es kaum erwarten, am nächsten Tag das Training aufzunehmen. So ging er mit unpassender Bereifung auf die nasse Hochgeschwindigkeits-Strecke und verunglückte tödlich. Dieser Unfall markierte zugleich das Ende der Stromlinien-SSKL – ein Jahr später gingen zum ersten Mal die neuen Mercedes-Benz Grand-Prix-Rennwagen an den Start, die das Motorsportgeschehen der folgenden Jahre prägen und eine neue Ära begründen sollten.

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