Mercedes-Benz 300 SL (W 198), 1955 - 1956

Mercedes-Benz 300 SL (W 198), 1955 - 1956
In den 50er Jahren ein Sportwagen der Superlative

Im Februar 1954 debütierte der 300 SL Seriensportwagen (W 198) auf der International Motor Sport Show in New York. Wegen seiner charakteristischen, am Dach angeschlagenen Flügeltüren wird der Hochleistungs-Sportwagen auch „Flügeltürer“, „Gullwing“ (Möwenschwinge) oder „Papillon“ (Schmetterling) genannt. Die Basis des spektakulären Fahrzeugs war der schon damals legendäre 300 SL Rennsportwagen (W 194) der Saison 1952. Max Hoffman – ein US-amerikanischer Autohändler österreichischer Herkunft, der seit September 1952 als Importeur für Mercedes-Benz Personenwagen in den USA fungierte – hatte den Daimler-Benz Vorstand anlässlich eines Besuchs in Untertürkheim im September 1953 überredet, den erfolgreichen 300 SL Rennsportwagen in Serie zu bauen.

Wesentliche Elemente dieses ersten neu entwickelten Mercedes-Benz Rennwagens der Nachkriegszeit wurden für die Serienversion übernommen: In erster Linie war dies das Chassis mit seinem leichten und verwindungssteifen, im Einstiegsbereich jedoch hoch bauenden Gitterrohrrahmen, der die publicityträchtigen Flügeltüren erforderlich gemacht hatte. Der Motor des W 198 war sogar noch leistungsstärker als in der Rennversion: Erstmals in einem Serien-Personenwagen mit Viertaktmotor sorgte die innovative, bislang nur bei Flugmotoren verwendete Benzineinspritzung für die Gemischbildung. Mit der Einspritzer-Variante des 3-Liter-Sechszylinders war bereits der sogenannte „Hobel“ – der 300 SL Rennsportwagens für die Saison 1953 – ausgerüstet, der jedoch nicht zum Renneinsatz gekommen war.. 

Grundlegend überarbeitet präsentierte sich die elegant gezeichnete Karosserie, die Chefstylist Friedrich Geiger durch umfassende Verfeinerung aus dem Rennwagen entwickelt hatte. Mit einer Motorleistung von 215 PS/158 kW – gut 20 Prozent mehr als bei der vergaserbestückten Rennsportausführung von 1952 – und einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 250 km/h lag der W 198 im Spitzenbereich der Seriensportwagen seiner Zeit, was ihn auch für Sporteinsätze prädestinierte. 

Bis heute legendär ist der Dreifach-Klassensieg des 300 SL Seriensportwagens bei der Mille Miglia 1955, dem ersten Motorsporteinsatz des W 198. John Cooper Fitch und sein Beifahrer Kurt Gessl kamen im Fahrzeug mit der Startnummer 417, die für die Startzeit um 4:17 h steht, auf den fünften Platz der Gesamtwertung und führen die Klasse der Seriensportwagen mit mehr als 1,3 Liter Hubraum vor zwei weiteren „Flügeltürern“ an. Dieses spektakuläre Ergebnis war jedoch nur der Auftakt zu zahlreichen weiteren Motorsporterfolgen des 300 SL. 

Dazu zählten 1955 die Gesamtsiege von Hans Tak und W.C. Niemöller bei der Tulpen-Rallye Anfang Mai, von Olivier Gendebien bei der Coppa d’Oro delle Dolomiti am 10. Juli, von Werner Engel und Horst Straub bei der Rallye Adriatique vom 20. – 24. Juli, von Olivier Gendebien und Pierre Stasse bei der Rallye Lüttich-Rom-Lüttich vom 17. – 21. August sowie Olivier Gendebien und Gilberte Thirion bei der Rallye Stella Alpina vom 25. – 28. August. Karl Kling gewann die GT-Klasse beim Großen Preis von Schweden am 7. August. In diesem ersten Motorsportjahr des W 198 wurde Werner Engel Europameister der Tourenwagen, wobei er neben dem 300 SL auch einen 220 „Ponton“ nutzte, und Paul O’Shea gewann auf 300 SL die Meisterschaft des American Sports Car Club (SCCA) in der Kategorie D.

Die Saison 1956 war für den 300 SL und seine Fahrer nicht minder erfolgreich: Walter Schock und Rolf Moll gewannen das Gesamtklassement der Rallye Sestriere vom 24. – 28. Februar und der Rallye Akropolis vom 26. – 29. April. Schock siegte außerdem beim ADAC Eifelrennen am 26. August, und der Sieg bei der Rallye Lüttich-Rom-Lüttich vom 29. August bis 2. September ging an Willy Mairesse und Marc Genin. Dazu kamen zahlreiche Klassensiege bei Rennen und Rallyes, außerdem belegten drei W 198 die Plätze 6 bis 8 im Gesamtklassement der Mille Miglia Ende April. Walter Schock und Rolf Moll wurden auf 300 SL und 220 „Ponton“ Europameister der Tourenwagen, und Paul O’Shea gewann auf 300 SL erneut die Meisterschaft des American Sports Car Club (SCCA) in der Kategorie D. Auch 1957 holte der 300 SL „Gullwing“ noch zahlreiche Klassensiege bei Rallyes und Rennen in aller Welt.

Bei den vom Werksteam oder mit Werksunterstützung eingesetzten 300 SL handelte es sich in aller Regel um eine gewichtsreduzierte Ausführung mit Leichtmetallkarosserie, die rund 80 Kilogramm weniger auf die Waage brachte. 1955 und 1956 entstanden insgesamt 29 Exemplare dieses Leichtmetall-Coupés, die heute als besonders gesuchte Sammlerstücke gelten.

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