PKW2071 Erste Mercedes Modellreihe, 1900/1901

Erste Mercedes Modellreihe, 1900/1901

Im Jahr 1900 entstand bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) auf Initiative von Emil Jellinek ein Fahrzeug, das deutlich von dem bisher angewandten Kutschenbauprinzip abwich. Emil Jellinek, ein erfolgreicher Geschäftsmann mit Wohnsitz in Baden bei Wien und Nizza, war begeisterter Automobilist und hatte 1897 seinen ersten Daimler-Wagen erstanden. In den Folgejahren forderte er von der DMG immer schnellere und leistungsfähigere Wagen und betätigte sich bald auch als Verkäufer der Daimler-Automobile. Im April 1900 regte er die Entwicklung eines völlig neuen Automobils mit leichtem, leistungsstarken Motor, langem Radstand und tiefliegendem Schwerpunkt an. Dem neu zu entwickelnden Modell gab er den Namen "Mercedes" nach dem Vornamen seiner damals zehnjährigen Tochter. Jellinek, der geniale Marketingexperte mit dem Gespür für das richtige Produkt, stachelte Maybach, den "König der Konstrukteure", erneut zu Höchstleistungen an.

Jellinek hatte schon im März 1899 einen Daimler-Wagen unter seinem Pseudonym Mercedes zur Rennwoche von Nizza gemeldet. Der heute weltberühmte Name war in Automobilistenkreisen auch damals bereits in aller Munde, allerdings nur als Pseudonym für Jellinek, d.h. als Fahrer- bzw. Teamname. Als Produkt- bzw. Markenbezeichnung wurde der Name erstmals im April 1900 für den neuen Motor und wenige Monate später auch für den Wagen verwendet.

Am 22. November wurde der erste "Mercedes"-Wagen fertiggestellt und ausgedehnten Probefahrten unterzogen. Einen Monat später, am 22. Dezember, erfolgte nach einer Reihe von Detailänderungen der Versand zu Emil Jellinek nach Nizza. Wie groß die konstruktive Leistung Maybachs war, läßt sich schon durch einen groben Vergleich verdeutlichen: Der erste "Mercedes" war mit seinen 1000 kg ein wahres Leichtgewicht gegenüber dem 1400 kg schweren "Phönix"-Rennwagen, und der vollkommen neu konstruierte 35 PS Leichtmetallmotor ermöglichte dann auch eine Höchstgeschwindigkeit von fast 90 km/h.

Eine der konstruktiven Besonderheiten des Wagens war der von Maybach entwickelte Bienenwabenkühler, der den entscheidenden Durchbruch bei der Lösung des Kühlungsproblems brachte. Die Verwendung von Vierkantröhrchen mit quadratischem statt rundem Querschnitt ermöglichte durch die größere Durchtrittsfläche und die kleineren Spalte zwischen den Röhrchen eine erheblich gesteigerte Kühlwirkung. Dadurch konnte die mitzuführende Wassermenge gegenüber dem Röhrchenkühler, ebenfalls eine Maybach-Erfindung, nochmals deutlich reduziert werden konnte - der Wasserbedarf reduzierte sich um die Hälfte auf neun Liter! Erst der Bienenwabenkühler ebnete den Weg zum Hochleistungsautomobil. Der erste "Mercedes" mit der Summe seiner innovativen Konstruktionsdetails bedeutete die endgültige Abkehr von der zuvor üblichen Kutschenbauweise und gilt heute als das erste moderne Automobil.

Die innovative Konzeption bewährte sich auch in der Praxis. Bei der Rennwoche von Nizza im März 1901 dominierten die "Mercedes" den Rennverlauf eindeutig. Beim Bergrennen Nizza - La Turbie erreichte Wilhelm Werner eine Höchstgeschwindigkeit von 86 km/h, und die Durchschnittsgeschwindigkeit konnte von 31,3 auf 51,4 km/h gesteigert werden. Werner gewann außerdem das Rennen Nizza - Salon - Aix - Sénas - Salon - Nizza über 392 km sowie das Meilenrennen von Nizza. Werners 35 PS Mercedes gehörte Henri de Rothschild, der, wie bereits im Vorjahr, unter dem Pseudonym "Dr. Pascal" gemeldet war.

Die Erfolge des neuen Wagens waren so beeindruckend, dass Paul Meyan, Generalsekretär des französischen Automobil-Clubs, sich nicht nur verpflichtet fühlte, seine Landsleute vor dem drohenden nicht mehr einzuholenden Vorsprung der deutschen Automobilindustrie zu warnen, sondern auch in einem Rückblick auf das Rennen schrieb: "Nous sommes entrés dans l'ère Mercédès" ("Wir sind in die Ära Mercedes eingetreten").

Dem Mercedes 35 PS folgte noch im März 1901 als kleineres Schwestermodell der Typ 12/16 PS. Im August komplettierte der Typ 8/11 PS die erste Mercedes-Modellreihe um eine dritte Variante.

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