Mercedes 80 PS Kaiserpreis-Rennwagen, 1907

Mercedes 80 PS Kaiserpreis-Rennwagen, 1907

Nachdem 1905 das letzte der prestigeträchtigen Rennen um den Gordon-Bennett-Cup ausgetragen worden war, wurde das Fehlen eines derartigen internationalen Leistungsvergleichs führender Automobilhersteller nicht zuletzt im deutschen Kaiserreich beklagt. Da sich von einheimischer Seite fast ausschließlich die Firma Benz & Cie. und die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) internationaler Konkurrenz aussetzten, wurde 1906 vom damaligen Kaiserlichen Automobil-Club (KAC) und dem Verein Deutscher Motorfahrzeug-Industrieller (VDMI), einem Vorläufer des heutigen Verbandes der Automobilindustrie (VDA), ein groß angelegtes internationales Rennen im Juni 1907 ausgeschrieben, das mittels eines eigenen technischen Reglements auch andere deutsche Hersteller zu einer Teilnahme animieren sollte. Als besonderen Ansporn stiftete Kaiser Wilhelm II. einen Ehrenpreis.

Das Kaiserpreis-Rennen sollte insbesondere den Tourenwagensport fördern und verfolgte dieses Ziel mit einem darauf abgestimmten Reglement. So durfte das Hubvolumen maximal 8 Liter betragen, der Radstand war mit mindestens 3 Meter festgelegt und der Abstand von der Spritzwand bis zur Mitte der Hinterachse mit mindestens 2 Meter. Das Mindestgewicht musste bei 1175 Kilogramm liegen.

Der durch den Taunus führende 117 Kilometer lange Rundkurs in der Nähe von Bad Homburg, dem Sitz der kaiserlichen Sommerresidenz, entsprach im Wesentlichen jener Strecke, auf der drei Jahre zuvor das Rennen um den Gordon-Bennett-Cup ausgetragen worden war. Am Tag vor dem eigentlichen Rennstart, der auf den 14. Juni 1907 terminiert war, fanden zwei Ausscheidungsläufe statt, die aufgrund der großen Anzahl von 92 Nennungen und 42 Fahrzeugmarken notwendig geworden waren.

Mit Blick auf das spezielle Regelwerk des Kaiserpreis-Rennens griff die DMG auf die technische Basis des erfolgreichen Mercedes-Simplex 60 PS Rennwagens von 1903 zurück. Dessen bereits leicht angejahrter Vierzylindermotor wurde durch einen von 150 mm auf 129,9 mm reduzierten Hub von 9,3 auf fast exakt 8 Liter Hubraum verkleinert. Das auf diese Weise leicht kurzhubig gewordene Triebwerk zeigte dank besserer Drehfähigkeit und gezielter Feinarbeit trotz des reduzierten Hubvolumens eine Leistungssteigerung von rund 65 PS/48 kW auf gemessene 80 PS/59 kW.

Der Rahmen des Kaiserpreis-Rennwagens wies im Bereich von Vorder- und Hinterachse eine leichte Kröpfung auf, als Radaufhängungen fungierten weiterhin Starrachsen mit Halbelliptikfedern. Reglementkonform war der Radstand auf 3050 mm verlängert worden.

Weder bei den vor der Veranstaltung ausgetragenen Ausscheidungsrennen noch beim Kaiserpreis-Rennen selbst vermochten die etwas halbherzig aufgebauten Mercedes 80 PS Rennwagen entscheidenden Eindruck zu hinterlassen. Otto Salzer, im zweiten Ausscheidungslauf noch auf Rang 6 platziert, wurde im Rennen als Neunter bester Mercedes Fahrer. Camille Jenatzy kam auf Position 14 ins Ziel und Willy Pöge als dritter DMG-Werksfahrer konnte am Finale gar nicht erst teilnehmen. Das Rennen, wie schon zuvor die beiden Ausscheidungsläufe, wurde von den moderneren FIAT Wagen beherrscht, die auf den Endrängen 1, 5 und 6 ins Ziel kamen. Einen Achtungserfolg erzielte die Opel Mannschaft mit Carl Jörns und Christian Michel auf den Rängen 3 und 4.

Nach dem nur ein einziges Mal veranstalteten Kaiserpreis-Rennen gab es für die 80-PS-Wagen kaum mehr Einsatzmöglichkeiten. Eine Ausnahme war die Rennwoche im belgischen Oostende. Baron Pierre de Caters errang bei dem in der belgischen Küstenstadt ausgetragenen Rennen über zwei Kilometer mit einer Höchstgeschwindigkeit von 138,1 km/h den zweiten Platz im Gesamtklassement. Zwei weitere zweite Plätze belegte er im Rennen über zehn Kilometer mit stehendem Start und über eine Meile mit stehendem Start, und aus dem Rennen über zwei Meilen ging er sogar als Sieger hervor. Einen weiteren Erfolg erzielte Willy Pöge im September 1907 beim Semmering-Bergrennen, als er gleich in zwei Klassen den Sieg holte: mit dem Mercedes Grand-Prix-Rennwagen in der Klasse über 8 Liter Hubraum und mit dem 80-PS-Rennwagen in der Klasse der Kaiserpreis-Wagen. Mit dem 80-PS-Rennwagen erreichte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 71,9 km/h.

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