00212592 Lastwagen und Omnibusse der Typen L 2, N 2, L 4000 und O 4000

Lastwagen und Omnibusse der Typen L 2, N 2, L 4000 und O 4000

Als die Daimler-Benz AG im Oktober 1926 auf der Deutschen Automobil-Ausstellung in Berlin das erste Nutzfahrzeugprogramm der Marke Mercedes-Benz vorstellt, sind neben den Leichtlastwagen des Typs L 1 natürlich auch schwerere Fahrzeuge zu sehen. Eines von ihnen ist ein mittlerer Lastwagen für Nutzlasten bis zu vier Tonnen. Dieser erhält die Typenbezeichnung L 2 und ist die Weiterentwicklung eines ersten Prototypen aus dem Jahr 1925, welcher zunächst noch für eine geringere Nutzlast ausgelegt war.

Als Antriebsquelle dient dem L 2 der Reihensechszylindermotor des Typs M 26 mit einer Leistung von rund 70 PS (51 kW). Er ist am Oberteil des Motorgehäuses am Rahmen, welcher wiederum ein genieteter Leiterrahmen mit U-förmigen Hauptträgern ist, aufgehängt. An den Motor ist ein Vierganggetriebe mit Trockenplattenkupplung direkt angeflanscht, welches die Kraft durch eine Zwischenwelle mit Scheibengelenk an das mittig im Rahmen angeordnete Kardangelenk weiterleitet. Von dort treibt eine in einem Rohr eingeschlossene Kardanwelle den Stirnradnabenantrieb der Räder an der Hinterachse an. Diese, wie auch die Vorderachse, ist an langen Halbelliptikfedern am Rahmen aufgehängt. Die Lenkung bildet eine stoßfreie Schraubenspindellenkung, die ganz nach Kundenwunsch als Rechts- oder Linkslenkung geliefert werden kann. Das Bremssystem besteht aus Innenbackenbremsen an allen vier Rädern mit Bosch-Dewandre-Servounterstützung. Die Handbremse wirkt dagegen nur auf die Hinterräder.

Neben dem L 2 gibt es auch eine Niederrahmenversion des Fahrgestells mit der Typenbezeichnung N 2, welche in erster Linie für Omnibusaufbauten gedacht ist. Technisch unterscheidet sie sich nicht vom Hochrahmenmodell. Lediglich der Rahmen an sich ist beim N 2 über den Achsen deutlich gekröpft und die Hinterachsfedern sind unter- und nicht wie beim L 2 oberhalb der Achse angeordnet. Für den N 2 bietet der werkseigene Karosseriebau wieder diverse Karosserien für den Personentransport an, die in der Linienversion bis zu 35 Personen Platz bieten. Besonders zu erwähnen ist an dieser Stelle noch der so genannte Hochsitzomnibus-Aufbau, eine frühe Form eines Stufenhochdeckers für den Fernreiseverkehr. Dieser kann wahlweise mit einer Luxusbestuhlung für nur 18 Personen oder einer Normalbestuhlung für 26 Fahrgäste geliefert werden, es entstehen aber nur wenige Exemplare.

Neben diesen Normalmodellen sind der L 2 und N 2 ab 1927 auch wieder als Sonderfahrgestelle für Feuerwehrfahrzeuge erhältlich, welche im Falle der Kraftfahrspritzenchassis die Typenbezeichnungen LS 2 und NS 2, im Falle der Drehleiterchassis auf die Typenbezeichnungen LD 2 und ND 2 tragen. Für kommunale Anwendungen sind der L 2 und N 2 in einer Spezialversion mit Verteilergetriebe zum Antrieb von Pumpen und Kippmechaniken der Aufbauten erhältlich.

Im Jahr 1929 ersetzt ein neuer Reihensechszylindermotor des Typs M 36 F mit einer Leistung von 100 PS (74 kW) das bisher verbaute Triebwerk. Bereits im Jahr darauf steht als weitere Motorisierungs-Option auch noch der Dieselmotor OM 5 S mit 85 PS (63 kW) Leistung zur Verfügung. Letzterer wird aber zunächst meist nur in die Niederrahmenchassis des Typs N 2 eingebaut und hauptsächlich von der Omnibuskundschaft geordert. Im Laufe des Jahres 1930 erfolgt dann die Umstellung der Typennomenklatur, so dass aus dem L 2 der L 4000 und aus dem N 2 der O 4000 wird. Bei dieser Gelegenheit haben die Konstrukteure beide Modelle auch technisch leicht überarbeitet. Sie weisen jetzt nämlich eine Scheibenkupplung auf. Beim O 4000 kommt zudem eine stärkere Bereifung der Größe 40x8“ anstatt der bisher verwendeten Größe 38x7“ zur Anwendung. Diese war vor allem wegen des Dieselmotors nötig geworden, um auch für dessen im Vergleich zum Benziner deutlich größeres Motorgehäuse bei allen Straßensituationen genügend Bodenfreiheit zu gewährleisten.

Während der L 4000 im Jahr 1932 aus dem Programm fällt, bleibt das Niederrahmenchassis O 4000 weiter in Produktion, da vor allem Großkunden wie die Deutsche Reichspost nach wie vor O 4000-Omnibusse in großer Stückzahl bei Daimler-Benz ordern. Diese sind ab 1933 mit dem neuen OM 67-Dieselmotor als Standardmotorisierung versehen, welche 1935 durch den 110 PS (81 kW) starken OM 77 ersetzt wird. 1937 erreicht der O 4000 seine letzte Evolutionsstufe mit dem OM 79 als Kraftquelle, bevor er zum Jahresende 1937 endgültig aus dem Programm genommen wird.

Nicht unerwähnt bleiben sollen an dieser Stelle noch zwei Spezialversionen des N 2. Die erste ist 1931 entstanden. In Zusammenarbeit mit dem Elektrotechnikkonzern Brown, Boveri & Cie. aus Mannheim, kurz BBC, haben die Entwickler der Daimler-Benz AG auf Basis des N 2 den so genannten Fahrdraht-Omnibus geschaffen. Er weist ein auf 4600 mm Radstand verkürztes Fahrwerk in Frontlenkerbauweise auf, bei dem ein zwischen den Achsen unterflurig angeordneter Elektromotor über den bekannten Stirnradnabenantrieb seine Kraft auf die Hinterräder überträgt. Den genieteten Ganzstahlaufbau des Omnibusses liefert das Karosseriewerk in Sindelfingen. Auch wenn der Fahrdraht-Omnibus ein Einzelstück bleibt, liefert er den Verantwortlichen doch wichtige Erkenntnisse, welche die Basis für die Entwicklung der weiteren Mercedes-Benz Oberleitungsomnibusse bilden.

Die zweite Spezialversion des N 2, bzw. O 4000 datiert dagegen aus dem Jahr 1935. Die Dresdner Feuerwehr ordert nämlich sechs Drehleitern, neun Kraftfahrspritzen und drei Schlauchwagen bei Daimler-Benz, welche allesamt auf dem O 4000-Chassis basieren. Dies ist insofern ungewöhnlich, als in Form des Lo 3500 der Baureihe L 64 längst ein Nachfolgemodell im Angebot ist. Und auch bei der Motorisierung geht man ungewöhnliche Wege. Anstelle eines hauseigenen Triebwerks erhalten die Feuerwehrfahrzeuge nämlich alle einen Maybach-Zwölfzylinder-Benzinmotor als Antriebsquelle.

Lade...